Metzgete! Lisi Lisibachs schwarze Alpschweine

GLÜCKLICHE SCHWEINE AUS DEM DORF

Gute Freunde muss man haben! Bernadette Lisibach («Neue Blumenau», Lömmenschwil SG, 17 Punkte) hat zwei Kollegen, die hobbymässig schwarze Alpenschweine züchten, gewissermassen vor ihrer Restaurant-Türe. «Mich hat beeindruckt, wie diese Säuli aufwachsen. Sie verbringen ihre Zeit draussen, haben viel Platz, keine Medis und keinen Stress.» Also setzt sie in ihrem sympathischen Restaurant draussen auf dem Land drei Metzgete-Tage an, vom 26. bis zum 29. Oktober. Rechtzeitig reservieren!

TEST GEGLÜCKT! 

Eine Spitzenköchin wie Bernadette Lisibach überlässt nichts dem Zufall. Also hat sie das Fleisch ihrer schwarzen Alpschweinchen bereits getestet. Das Urteil des Profis: «Es säuelet nicht! Das Fleisch ist gleichmässig marmoriert, gut im Biss, von fester Konsistenz und herb im Geschmack. Man spürt, dass die Säuli auf der Wiese leben und genügend Kräuter fressen.» Die Grandes-Tables-Chefin hat keine Berührungsängste: «Ich war schon mal bei einer Hofmetzgete dabei. Sehr interessant. Aber diesmal überlasse ich die Arbeit unserem Metzger.»

SCHNÖRLI, SCHWÄNZLI, WÄDLI

Die Karte sieht vielversprechend aus, serviert wird in kleinen Portionen, «damit man viele Gerichte geniessen kann». Die Klassiker fehlen nicht: Blutwurst, Leberwurst, geräucherter Speck, Rippli, Zunge, gesalzene Wädli. Und zweierlei für «Fortgeschrittene»: Schnörli und Schwänzli! Auch die Suppen sind ganz aufs Thema Metzgete ausgerichtet: Gezupftes Wädli in der gerösteten Griesssuppe, knuspriger Schweinebauch in der Bierschaumsuppe.

DIE TIPPS DER CHEFIN: LEBER & HAXE!

Keine Metzgete wie jede andere. In der «Neuen Blumenau» kriegt man auch Geschnetzeltes mit Rösti, im Blauburgunder geschmorte Bäggli, Cordon bleu mit Kartoffelsalat, Ragout mit Ribelmais oder Krustenbraten mit Kartoffelgratin. Die Empfehlungen der Chefin: «Ich mag die sautierte Leber mit sauren Linsen, die gebratene Haxe mit Kräutern oder etwas ganz Einfaches: Ghackets mit Hörnli.»

Meine Vegi-Küche kommt bei den Gästen an

MICHÈLE MEIER, SIE HABEN GERADE DAS LUCERNE FESTIVAL HINTER SICH. HATTEN SIE IMMER FULL HOUSE?
Ehrlich gesagt nicht. Das liegt daran, dass die Konzerte nicht immer voll ausgebucht waren. Es war aber trotzdem sehr stressig. Denn wir hatten eigentlich immer drei Seatings pro Abend: für die Gäste vor dem Konzert, die regulären Gäste und die Gäste, die nach dem Konzert noch essen wollten. Um 22 Uhr haben wir also nochmals voll geschickt.

KOMMT JETZT EINE RUHIGERE PHASE?
Im Gegenteil. Der Sommer ist bei uns eher etwas ruhiger, weil wir keine Terrasse haben. Im Oktober machen wir zwar noch eine Woche Ferien. Danach geht es wieder voll los. Wir haben viele Anfragen für Weihnachtessen, es gibt Bankette und auch das Mittagsgeschäft zieht wieder an. Man merkt, dass die Leute wieder kommen wollen. Hoffen wir, dass uns Corona keinen Strich durch die Rechnung macht – man weiss ja schliesslich nie. Auch bezüglich Personalmangel, Waren- und Energiekosten mache ich mir etwas Sorgen, wie es weitergeht. Der Schweizer spart ja gerne, vielleicht schränkt er sich dann beim auswärts essen ein. Es ist einfach eine neue Challenge, die auf uns zukommt.

UND WIE IST DIE PERSONAL-SITUATION IM «LUCIDE»?
Holz anfassen: Im Moment gut. Ich habe ein gutes Team. Einen Lehrling in der Küche und zwei im Service. Aber Isak, der schon bei mir im «Red» die Servicelehre gemacht hat, will nach sechs Jahren weiterziehen. Das verstehe ich gut, er will sich schliesslich weiterentwickeln. Aber es ist nicht einfach, eine gute Nachfolge zu finden.

SIE MACHEN BEIM SWISSTAINABLE VEGGIE DAY MIT. WIE SIEHT DER KONKRET AUS?
Ich finde das eine gute Sache und ich habe gleich gesagt, wir wollen da mitmachen. Denn wir servieren auch sonst immer ein Vegi-Menü. Am 1. Oktober werden wir das etwas ergänzen, damit sich das etwas abhebt. Vegetarismus war schon immer ein Thema. Aber jetzt merke ich, dass es auch wirklich bei den Leuten ankommt. Bei uns kann man zwischen den Menüs switchen und viele Gäste, die Fleisch oder Fisch essen, machen davon Gebrauch und wählen auch mal einen Vegi-Gang.

FÄLLT ES IHNEN SCHWER, EIN GERICHT OHNE FLEISCH ODER FISCH ZU KREIEREN?
Ich habe bei Nik Gygax im «Löwen Thörigen» sehr klassisch kochen gelernt. Da habe ich mich mit vegetarischen Gerichten am Anfang schon schwer getan. Aber mit der Zeit wird es immer einfacher. Man setzt sich mit dem Thema auseinander, fängt an zu spielen, macht mal einen veganen Jus. Aber ich befinde mich noch immer in der Entwicklung.

UND WO STEHEN SIE AKTUELL? WIE SETZEN SIE GEMÜSE IN SZENE?
Es kommt ein bisschen darauf an, ob wir vegi oder vegan kochen. Vegi ist  etwas einfacher, weil es noch mehr Möglichkeiten gibt. Bei veganen Gerichten setze ich das Gemüse ins Zentrum und serviere es in verschiedenen Konsistenzen. Eine Rande mache ich zum Beispiel im Ofen, pickle sie, mache eine Crème oder ziehe einen Sud daraus. Bei einem Vegi-Gericht kann ich natürlich noch Geisskäse dazu servieren.

MÖGEN SIE DIE VEGANE KÜCHE?
Vegan ist nochmals eine andere Herausforderung, aber ich finde es unglaublich spannend. Und ich freue mich richtig, wenn etwas wirklich gut ist. Im Sommer hatten wir einen Apéro, da waren Vegis und Veganer dabei. Ich entschied mich, den ganzen Apéro vegan zu gestalten. Im Vorfeld macht man sich schon Gedanken, ob einige nicht enttäuscht sind, wenn es kein Fleisch und Fisch gibt. Aber ich hatte nur positives Feedback.

WELCHES GEMÜSE BEREITEN SIE IN DER KOMMENDEN JAHRESZEIT BESONDERS GERNE ZU? 
Ich bin ein Fan von Kohlgemüse. Kabis, Wirz, Spitzkabis, Rotkohl. Ich mag alles, auch Pastinaken oder Schwarzwurzeln. Ich finde, der Winter hat richtig viel schöne Gemüsesorten.

MOCHTEN SIE ALS KIND GEMÜSE?
Ja, sehr. Bei uns hat es immer Gemüse oder Salat gegeben, das gehörte dazu. Mein Vater hat sich immer viel Mühe gegeben. Das Rotkraut hat er x Tage im Kühlschrank mariniert und dann lange gekocht. Die Randen für seinen Randensalat lagen lange im Essig. An diese beiden Gerichte erinnere ich mich gut und darauf habe ich mich immer gefreut.

MUSS MAN FÜR GEMÜSEGERICHTE IMMER SO VIEL AUFWAND BETREIBEN?
Das würde ich nicht so pauschal sagen. Es gibt so viele Produkte, die pur gut sind. Viel wichtiger ist die Qualität. Etwas aus dem eigenen Garten schmeckt einfach besser. Das Gleiche gilt auch für Früchte: Wenn du ein gutes Grundprodukt hast, braucht es gar nicht viel dazu. Und mit den Garmethoden kann man viel erreichen. Wenn man etwas im Ofen zubereitet, wird dem Gemüse Wasser entzogen und der Geschmack wird intensiver.

ANFANGS DES JAHRES HABEN SIE GESAGT, SIE WOLLEN UNBEDINGT INS «MAGDALENA» IN RICKENBACH. HABEN SIE ES GESCHAFFT?
Ja. Und es war mega! Fleisch und Fisch vermisst man wirklich null. Was Dominik Hartmann und seine Crew dort machen, ist wirklich auf sehr hohem Level. Ich war sehr beeindruckt.

UND BEI WEM GEHEN SIE ALS NÄCHSTES ESSEN?
In den Weihnachtsferien gehe ich ein paar Tage nach Berlin. Dort gibt es enorm viele gute vegetarische Restaurants, wir werden einige ausprobieren. Ich muss jetzt unbedingt reservieren.

Tiré de Gaultmillau.ch

Best of Giovannini : Barbue, Rouget & Moules!

CRISSIER: AUSGEBUCHT!

In Crissier ist der Teufel los. Das Restaurant ist zweimal täglich restlos ausgebucht, Wartelisten werden geführt. «Unglaublich», staunt Patron Franck Giovannini, «an Samstagabenden ist das Restaurant bis in den nächsten Sommer hinein gebucht.» GaultMillau-Tipp: Trotzdem versuchen! Absagen gibt es immer wieder. Beim «Chef’s Table» draussen in der Küche allerdings ist die Lage hoffnungslos. Wer ihn mal kriegt, gibt ihn nicht mehr her und will das Küchenballett der 24 Chefs (alle mit Toque und Torchon) nicht verpassen. Das Crissier-Konzept ist ungewöhnlich. Franck Giovannini: «Bei uns isst der Gast, worauf er Lust hat. Er kann wählen zwischen zwei Menüs oder aus dem à la carte-Angebot. Das schaffen wir: wir sind ein grosses, starkes Team.» «Zwangsmenüs» wie fast überall in den Spitzenrestaurants in der Schweiz und in Frankreich sind in Crissier keine Option. Grosses Bild oben: Franck Giovannini und sein genialer Rouget.

MOULES DE BOUCHOT IN DER LUXUSKÜCHE

Franck Giovannini hat in jeder Jahreszeit seine Favoriten. Im Sommer etwa die Moules de Bouchot. Natürlich kriegt man die in Crissier nicht einfach «marinière» im grossen Topf wie in der Hafenkneipe. Die Muscheln werden sorgfältig und geduldig gereinigt, der schwarze Bart mit der Pinzette entfernt und die Moules in verschiedenen Varianten zubereitet: Geeist, mit einem sanften, überhaupt nicht aggressiven Balti-Curry und mit Zucchini aus Noville VD. Oder als «Turban»: Die Muscheln werden mit höchstem Pinzetteneinsatz zu einem Kreis zusammengeführt; eine Chasselas-Sauce mit Kräutern gibt es dazu. «Wir verarbeiten im August und September Berge von Moules. 15 Köche sind jeden Morgen zur Reinigung abkommandiert. Einer allein würde durchdrehen», lacht Franck Giovannini.

DIE SACHE MIT DEN «FILETS DE PERCHES»

Der Patron nutzt jede Gelegenheit, regionale Produkte in seine Menüs einzubauen. Selbst die berühmten «Filets de perches» regen seine Fantasie an, auch wenn sie in der Menge beschränkt sind. Die Lösung: Egli-Rillettes! Kultfischer Serge Guidoux aus Cully ist der Hoflieferant. Giovannini pimpt die «Perches» mit einer fantastischen, erfrischend kühlen Dézaley-Sauce auf, und eine grosszügige Ladung Kaviar kommt auch noch drauf. Für die Saucen werden hier Spitzenweine entkorkt, für die Egli etwa der berühmte «Medinette» von Louis Bovard. Sind die Winzer nicht sauer, dass ihre Weine in die Sauce statt ins Glas gegossen werden? Giovannini ganz cool: «Im Gegenteil. Sie sind stolz.»

BARBUE STATT TURBOT

Früher oder später is(s)t man in Crissier immer am Meer. Drei Hammergerichte. Die kleinen Médaillons vom bretonischen Hummer zum Start. Der wunderbare «Dos de Barbue» mittendrin. «Es muss nicht immer Turbot sein», sagt Giovannini und serviert einen Glattbutt. Er wird vor dem Gast von der Gräte gelöst, mit Gurken und vor allem mit einer kraftvollen Tomatenreduktion serviert. Beim knusprigen «Rouget de roche» ist der Chef ziemlich mutig unterwegs: Oliven, konfierte Auberginen und vor allem Senfkörner (!) setzen überraschende Akzente. Herausragend gut die Langustine aus der französischen Küste: Ein Öl aus der Karkasse wird dazu gegossen und ersetzt die klassische Sauce. Bohnen aus Vinzel entdecken wir auch im Teller; sie sind bei den Gästen äusserst beliebt.

UND JETZT EINE ENTE? FEHLANZEIGE!

In Frankreich grassierte monatelang die Vogelgrippe, Bresse-Geflügel war nicht zu haben. Ersatzlösungen: Eine Tranche Rind aus Waadtländer Zucht, mit Thymian und vor allem mit feinen Artischocken (Sauce Barigoule!). Oder ein Sisteron-Lamm mit einer ungewöhnlich leichten und ungewöhnlich guten Sauce: Pesto und Basilikum. Im «Hôtel de Ville» sind nur Profis am Werk. Zwei von ihnen möchten wir besonders erwähnen: Nicolas Flandin ist ein hervorragender Pâtissier, der nicht auf dem Selbstverwirklichungstrip ist, sondern die Vorgaben des Patrons sehr gut umsetzt: Aprikosen (mit einem Schuss Eau de vie) und weisse Pfirsiche regen seine Fantasie im Sommer besonders an. Camille Cariglio ist einer der besten Sommeliers des Landes. In Crissier wird gebaut: Franck und Camille entführen

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