Begegnung mit Didier de Courten

Von den ersten Tagen bis heute hat die Leidenschaft den Küchenchef Didier de Courten stets begleitet. Die Leidenschaft zu innovieren, die Leidenschaft zu teilen. Eine Liebe zum Kochen, die ihm die unangefochtene Anerkennung seiner Kundschaft, 2 Michelin-Sterne und 19 GaultMillau-Punkte eingebracht hat. Vor einiger Zeit hatte er beschlossen, sein Spitzenrestaurant «Le Terminus» zu schliessen, um 2021 im «Atelier Gourmand» sein Konzept einer erschwinglicheren Gastronomie zu verwirklichen. Jetzt hat ihn Covid-19 gezwungen, auch dieses Restaurant vorübergehend zu schliessen. Interview.

« Der Bundesrat scheint die Berufe der Lebensmittelbranche zu vergessen, die hinter den Restaurants stehen. »

Didier de Courten
Foto Kredit : Sedrik Nemeth

Grandes Tables Suisses: So haben Sie sich das Jahr 2020 mit der vom Bundesrat verordneten Schliessung aufgrund der Pandemie wohl nicht vorgestellt… Wie haben Sie diese Zeit seither erlebt?

Didier de Courten: Ja, 2020 war für uns tatsächlich ab März ein ganz besonderes Jahr. Im April hatte ich mir Zeit zum Nachdenken ausbedungen, weil ich schon seit längerem überlegt hatte, das Konzept des «Terminus» mit dem Gourmetrestaurant und der Brasserie neu zu positionieren, da es mir nicht mehr ganz zeitgemäss schien. Schliesslich war dann der Augenblick für die Entscheidung gekommen.

GTS: Sie wollten Ihre neue Karte bis zum 19. Dezember präsentieren, mussten dann aber leider am 6. November schliessen. Wollen Sie das tun, sobald sich die Dinge wieder normalisiert haben?  

DdC: Wir hätten gerne einen schönen Abschluss gehabt, doch es kam anders, das ist der negative Aspekt. Der positive Aspekt dieser Periode war, dass sie uns mehr Zeit liess, über unsere künftige Tätigkeit nachzudenken. Eigentlich wollten wir das «Atelier Gourmand» Anfang Januar eröffnen, alles war schon damals bereit, aber wir warten noch immer auf die Entscheidungen des Bundesrats. Die grösste Frustration für uns ist, dass diese Situation die Weiterentwicklung innerhalb unseres Teams verhindert, obwohl da eine sehr positive Energie vorhanden ist, um voranzukommen und gemeinsam neue Gerichte zu kreieren. Diese Situation ist beängstigend. Wir trauern dem Gourmetrestaurant nicht nach, weil wir wissen, dass unsere Kunden die gleiche Qualität erwartet, wenn das «Atelier Gourmand»wieder öffnen kann. Zum Glück habe ich zurzeit viele andere Aktivitäten, die mir ein ausgeglichenes Leben ermöglichen. Ich bin in mehreren Organisationen tätig, und ausserdem liebe ich es, zu joggen, um meinen Kopf frei zu bekommen, und mich um mein Vieh zu kümmern. Aber ich freue mich darauf, wieder ein normales Leben zu führen. 

GTS: Trotzdem macht Ihnen die aktuelle Situation Sorgen, und Sie haben sich ja auch besonders für «die Vergessenen» dieser Krise eingesetzt…

DdC: Seit Beginn der Coronavirus-Krise habe ich mir bei Politikern und Medien immer wieder Gehör verschafft. Denn das ist nicht nur ein wirtschaftliches, sondern auch ein psychologisches Problem. Die Schliessung der Gaststätten steht dabei im Vordergrund, der Bundesrat scheint jedoch auch die Berufe der Lebensmittelbranche vergessen zu haben, die hinter den Restaurants stehen. All diese Bauern und Kleinbetriebe, die auch dank der Gastrobranche leben und sich in sehr prekären Situationen befinden. Um daran zu erinnern, haben wir mit einem Fotografen ein Video gedreht, um etwas zu bewegen und die Politiker auf diese Situation aufmerksam zu machen. Manche leiden ja auch unter dieser Situation, über die berechtigten Entschädigungsforderungen hinaus. Es braucht ein kollektives Bewusstsein für den Konsum lokaler Produkte, statt die Grossverteiler zu bevorzugen, die ja nicht unter der Pandemie gelitten haben, ganz im Gegenteil. Ich denke an all diese Menschen, aber auch an die Kochlehrlinge, die von heute auf morgen ohne Ausbildung dastehen und in ein paar Monaten ihr Abschlussprüfung machen müssen. Hier muss der Bundesrat die Augen öffnen und für alle betroffenen Berufe angemessene Lösungen finden.

GTS: Sie wollen sich jetzt vor allem auf das «Atelier Gourmand» konzentrieren. Wie steht es mit dem Fortschritt dieses Vorhabens?

DdC: Das «Atelier Gourmand» bestand ja bereits, und wir haben sehr gut gearbeitet. Unser Ziel ist, die Gäste mittags im bereits bestehenden Saal zu bewirten und am Abend in einer gehobeneren Ambiance zu verwöhnen, in einer Lounge. 

Wir möchten unseren Gästen verschiedene Erlebnisse bieten: zum Beispiel Konzerte klassischer Musik oder Lesungen von Schriftstellern. Das Ziel ist es, nicht nur die Papillen, sondern alle Sinne unserer Gäste zu verwöhnen. Meiner Meinung nach muss die Gastronomie heute weniger steif und in verschiedener Hinsicht zugänglicher werden, das gilt vor allem für den Service.

«Mit dem Atelier Gourmand möchten wir den Teilnehmern Genusserlebnisse bieten.»

Didier de Courten

Auf der kulinarischen Seite werden wir mehr lokale Käsesorten, eine erschwinglichere Weinkarte und eine Küche anbieten, die die Saisonalität betont. Für mich ist es aber wichtig, mich nicht nur auf den lokalen Aspekt zu beschränken, denn es ist die Mischung von Aromen aus der ganzen Welt, die mich inspiriert. Wir sind jetzt ein Team von 30 statt 46 Mitarbeitern wie früher. Alle sind jedoch von demselben Streben nach Strenge, Perfektion und Kreativität beseelt. Die Feinschmecker werden deshalb im «Atelier Gourmand» die ganze Essenz unseres Restaurants wiederfinden.

GTS: Wenn Sie drei Höhepunkte nennen müssten, die Ihre Karriere im «Terminus» geprägt haben, welche wären das?

DdC: Der erste ist für mich die Eröffnung. Das war ein sehr starker und bewegender Moment. Für mich zudem eine Rückkehr zu den Wurzeln, hatte ich doch vor fünfundzwanzig Jahren in diesem Haus meine Lehre gemacht…

Zweitens 2007 die Ernennung zum Koch des Jahres durch den Gault&Millau. Ich war in den Kreis der 19-Punkte-Köche eingetreten, und das ist eine der höchsten Anerkennungen in diesem Beruf. Ich fand mich an der Seite von Grössen wie Gérard Rabaey, Philippe Rochat, Bernard Ravet und Roland Pierroz wieder. Ein echtes Symbol. Der letzte Punkt war jetzt die Entscheidung, die Ausrichtung meiner Küche zu ändern. An diesem Tag hörte ich auf die kleine Stimme in meinem Innern. Diesen Entscheid dann bekanntzugeben, den Schritt zu wagen und zu hoffen, dass die Leute es verstehen, wenn man sich immer wieder weiterentwickeln will. Heute weiss ich, dass alle Nuancen meiner Entscheidung verstanden wurden, und das ist für mich sehr wichtig. Ich warte nur auf eines: Dass wir unserer Kundschaft auch nach der Wiedereröffnung des «Atelier Gourmand» herausragende gastronomische Erlebnisse bieten können.

Hier die Website des Restaurants und Hotels von Didier de Courten, damit Sie buchen können, sobald es eröffnet wird: https://www.hotel-terminus.ch/fr/